Gras – die Diva unter den Futterpflanzen

Welche Silierbakterien passen dazu?

Gras ist speziell. Besonders beim Silieren. Anders als Mais gilt Gras als leicht bis schwer silierbar. Das liegt vor allem an der Bandbreite des Ausgangsmaterials und einer stärkeren Abhängigkeit von klimatischen Bedingungen. Im Bereich der LUFA Nordwest lag die Trockenmasse 2021 über alle Gras-Schnitte zwischen 18,7 % und 65,6 %, bei Mais „nur“ zwischen 28 % und 42 %. Bei Rohprotein waren es 8,9 – 20,8 % zu 6,0 – 8,5 %. Frischgras enthielt zwischen 5,7 % und 31,2 % Zucker! Leguminosen (Luzerne/Klee) sind grundsätzlich zuckerarm, reich an Rohprotein und damit mittel bis schwer silierbar.

Alles Gute kommt von oben?

Regen und Wärme sind nötig, damit sich Dünger und Gülle im Boden umsetzen und das Gras wächst. Niederschlag auf bereits gemähtes Gras jedoch wäscht Zucker aus, verschlechtert das Anwelken (Zuckerkonzentration sinkt) und fördert das Wachstum von Schadkeimen. Ein kaltes oder trockenes Frühjahr mit plötzlichem Wechsel auf feuchtwarme Bedingungen führt dazu, dass die Pflanze den Dünger aufnimmt, ihn aber nicht komplett umwandeln kann. Es bleibt ein hoher Anteil an Nitrat in der Pflanze. Das verlangsamt die pH-Wert-Senkung.

Die Spielverderber

Während es bei Mais eher um die Stabilität nach dem Öffnen geht, weil er zu 99,9 % gut siliert, kann es bei Gras zu einer Fehlgärung kommen. Erfolgreiche Silierung funktioniert nur über schnelle pH-Wert-Senkung. Dazu brauchen die Milchsäurebakterien ein gewisses Maß an Zucker und Feuchtigkeit. Rohprotein, Rohasche und Kali in hohen Konzentrationen behindern diesen wichtigen Prozess. Bei überständigem Gras hat die Pflanze Zucker und Nitrat schon in Wachstum (= Rohfaser) umgesetzt. Dann „verhungern“ die Milchsäurebakterien und es wird zu wenig Nitrat in Clostridien hemmendes Nitrit umgewandelt. Je länger der Haufen liegt, desto höher wird der Gehalt an Buttersäure, weil Clostridien sich von Milchsäure ernähren, wenn der Zucker alle ist.

Kompetente Helfer gesucht

Es empfiehlt sich also, der Natur etwas unter die Arme zu greifen und die Silierung abzusichern. Unter den verschiedenen Bakterien gibt es diverse Spezialisten. Milchsäure ist der starke pH-Wert-Senker. Sie wird effektiv von homofermentativen Gattungen produziert, die da heißen Enterococcus, Pediococcus und Lactococcus. Bei den Lactobacillus Stämmen gibt es „sone und solche“. Da muss man auf die Endung achten: plantarum und (para)casei zählen zu den vornehmlich Milchsäure bildenden Stämmen. Mit den Essigsäure bildenden Stämmen Lactobacillus buchneri, brevis, rhamnosus, hilgardii, diolivorans, fermentum und kefiri lässt sich die Milchsäurebildung kaum beschleunigen.

Gut Ding will Weile haben

Diese Stabilisierer (Essigsäure unterdrückt Hefen und Schimmel) sind keine Starter. Sie brauchen in der Regel Zeit für die Produktion der Essigsäure und die senkt den pH-Wert nur gering. Da sind sie auf die natürliche Milchsäurebildung angewiesen, die im Mais immer gut funktioniert, nicht so im Gras.

Fehlgärung mit Ansage

Silierzusätze speziell für Mais, die ausschließlich Bakterien aus der Gruppe der Stabilitätsverbesserer enthalten, können im Gras eine katastrophale Fehlgärung verursachen. Besonders in nassen, zuckerarmen Grasbeständen, die viel Rohasche mit in den Silo bringen, kommt es zu einer intensiven Produktion von Essig- und Buttersäure. Wobei die Essigsäure in dem Fall nicht von den Silierbakterien stammt, sondern von unerwünschten, natürlichen Aceto- und Enterobactern, die durch den hohen pH-Wert lange aktiv bleiben. Eiweiß wird abgebaut und es entsteht ein erhöhter Ammoniak-Wert. Die Silage stinkt nicht nur, sie sollte auch nicht mehr verfüttert werden.

Zusammen sind sie stark

Viele Silierzusätze für Gras kombinieren die pH-Senker und die Stabilisierer in einem Produkt. Dann ist die Silierung sicherer und es kommt trotzdem zu einer besseren Stabilität. Wichtig ist, dass die Bakterienstämme gut zusammen funktionieren. Ist der homofermentative Stamm zu schnell, wird u. U. der Zucker verbraucht und der Stabilisierer kann sich nicht mehr entfalten. Andersherum ist es wichtig, dass der pH-Wert rechtzeitig sinkt, um Nährstoffe zu erhalten und die Wirksamkeit der Essigsäure zu gewährleisten. Kombi-Produkte kann man übrigens ohne Probleme auch im Mais einsetzen, wie praktisch!

Hier finden Sie unsere Silierzusätze.

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Anne Cordes

Anne hat ein abgeschlossenen Studium zur Agr.-Ing. (FH) von der FH Kiel und 14 Jahre Praxiserfahrung auf einem Milchviehbetrieb. Sie ist seit über 18 Jahren Teil der jbs Familie. Momentan betreut sie den Bereich Qualitätsmanagement und ist spezialisiert auf Milchvieh und Silagemangement.

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