Schutz von innen

Selten hat uns das Thema Immunisierung und Immunsystem so stark beschäftigt, wie in den Covid-Jahren. Dabei ist das ein so wichtiges Thema – auch im Stall. Bei Kühen läuft das mit dem Immunschutz etwas anders ab, als bei uns Menschen. Wir fangen schon vor der Geburt an, ein Immunsystem zu bilden. Kälber dagegen kommen ohne jeglichen Immunschutz auf die Welt. Daher sollte diesem Thema auch im Stall ein hohes Maß an Beachtung zukommen.

Passiv und aktiv

Das Kalb kommt zwar ohne Schutz auf die Welt, hat dann aber zwei aufeinander folgende Abwehrmechanismen, die sich mit der Zeit bilden: das passive und das aktive Immunsystem. Beide sind wichtig und gehen quasi ineinander über. Das aktive Immunsystem muss sich erst bilden. Das beginnt etwa nach der ersten Lebenswoche und dauert dann gut 5 Wochen. Um aber in dieser Zeit nicht völlig ohne Schutz dazustehen, bekommt das Kalb mit dem Kolostrum einen vorläufigen Schutz.

Immer wieder: Kolostrum

Man kann es gar nicht genug betonen: Ein gutes Kolostrummanagement ist das A und O! Denn nur durch eine zeitnahe Aufnahme kann das Kalb die wichtigen Immunglobuline aufnehmen. Zum einen nimmt der Gehalt im Kolostrum bereits in den ersten 24 Stunden rapide ab, so dass dann nur noch etwa 25 % des Ausgangsgehaltes vorhanden sind und zum anderen kann das Kalb diese Immunglobuline auch nur eine gewisse Zeit lang ins Blut aufnehmen. Das passiert über die sogenannte „Darmschranke“, die jedoch auch nur für etwa 24 h weit genug offen ist, um die relativ großen Moleküle in das Blut zu lassen. Dieser Vorgang nennt sich „passive Immunisierung“, da das Kalb selbst nichts aufbaut.

Grafik Immunitätslücke zu Beginn der Kraftfutterfütterung
Immunitätslücke zu Beginn der Kraftfutterfütterung

Immunitätslücken

Die ins Blut gelangten Antikörper bleiben nicht lange. Sie werden innerhalb von 3 Wochen nahezu komplett abgebaut. Die sogenannte „aktive“ Immunsystembildung beginnt erst 7 Tage nach der Geburt. Dadurch entsteht zwischen der zweiten und dritten Lebenswoche eine Lücke, in der das Kalb noch einmal krankheitsanfälliger ist. Das äußert sich oft mit Durchfall- und Atemwegserkrankungen – und beides kann negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Kalbes bedeuten, von eventuellen Tierarztkosten ganz zu schweigen.

Gesunder Darm – gesunde Kuh

Die Darmgesundheit steht in direkter Verbindung mit dem Immunsystem. Denn ein gesunder Darm lässt Schadkeime nicht so schnell durch – er kann bis zu 90 % der Schadkeime abwehren. Gerät er jedoch aus dem Gleichgewicht, kommt es im schlimmsten Fall zu dem sogenannten „Leaky Gut“, dem „offenen Darm“. Die Schadorganismen gelangen schnell ins Blut und müssen direkt vom Immunsystem bekämpft werden. Je mehr „gute“ Bakterien den Darm besiedeln, desto intakter ist die Darmschleimhaut und desto größer ist der Schutz vor Angriffen von Erregern.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Eine möglichst gute Vorbereitung ist im Endeffekt günstiger, als aus Krankheit resultierende Leistungseinbußen oder hohe Tierarztkosten, die vielleicht sogar mit Verlust des Tieres enden. Alles beginnt mit einem guten Kolostrummanagement. Aber damit hört es nicht auf: Auch danach und vor allem in der Zeit der Immunitätslücke sollte peinlich genau auf das Wohlbefinden der Kälber geachtet werden. Bereits bei kleinsten Anzeichen sollte schnell reagiert werden: verringerte Aktivität, erhöhte Atemfrequenz, seitliches Liegen bis hin zu erhöhter Körpertemperatur und so weiter. Wer seine Kälber gut kennt, dem fallen solche Veränderungen sofort auf – und dann heißt es schnell handeln.

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Laura Meyer-Kuhlmann

Laura hat ein Abschluss als B Sc. Agrarwissenschaften von der Uni Göttingen und ist seit über 2 Jahren Teil der jbs Familie. Momentan betreut sie den Bereich Qualitätsmanagement und ist spezialisiert auf die Kälberaufzucht und unser Pflanzenstärkungsmittel rootac.

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