Als Mikrobiom wird die Gesamtheit aller Mikroorganismen bezeichnet, die einen Makroorganismus (Mensch, Pflanze, Tier) besiedeln – und davon gibt es eine ganze Menge. Auch im Körper sind Mikrobiome zu finden. Sie haben viele unterschiedliche Aufgaben, unter anderem im Darm. Der Darm mit seinem Mikrobiom ist ein wichtiger Teil des Immunsystems, besonders bei unseren Kälbern.
Die Mehrheit macht‘s
Ein gesundes Darmmikrobiom besteht aus vielen unterschiedlichen Organismen. Je vielfältiger, desto besser. Nur so können alle Nischen des Darms von diesen guten und nützlichen Mikroorganismen besiedelt werden. Denn wenn alle vorhandenen Bereiche „besetzt“ sind, finden schädliche Mikroorganismen keinen Platz, können sich nirgendwo ansiedeln oder vermehren und werden einfach so wieder hinausgeschleust. Die Mehrheit verdrängt die Minderheit.
3-fach gegen Krankheiten
Ist der Darm intakt, haben es Viren und Schadkeime schwer, in den Blutkreislauf zu gelangen und das Kalb krank zu machen. Drei Schutzmechanismen stellen sich ihnen entgegen. Das eben beschriebene Darmmikrobiom ist das Erste. Es folgt eine Schleimschicht mit Antikörpern (IgA), die eindringende Bakterien binden und so unschädlich machen können. Diese Antiköper werden zuerst mit dem Kolostrum aufgenommen und später von der Schleimschicht gebildet.
Die dritte Zone besteht aus den Darmzellen, die mit sogenannten „Tight Junctions“ verbunden sind. Das sind spezielle Proteine, die zum einen die Darmzellen zusammenhalten und außerdem dafür sorgen, dass nichts zwischen den Zellen hindurch in den Blutkreislauf gelangt. Die Zellen selber sind auf Nährstoffe spezialisiert, die sie in die Blutbahn schleusen.
Einflussfaktoren
Das Problem: die Mikroben im Darm reagieren sehr empfindlich auf unterschiedliche Faktoren, vor allem bei jungen Tieren. Stress jeglicher Art schlägt buchstäblich auf den Magen und auch Antibiotika schädigen das wertvolle Mikrobiom. Die Gabe von Sperrmilch sollte also am besten gar nicht erst stattfinden. Und direkt nach der Kalbung gilt: Ein gutes Kolostrum zahlt sich auch hier aus, denn es unterstützt die Bildung eines guten Darmmikrobioms.
Leaky Gut – durchlässiger Darm
Die Zellen der Darmoberfläche sind seitlich mit Bändern aus Proteinen fest und undurchlässig miteinander verbunden, den oben erwähnten „Tight Junctions“. Gehen diese dichten Verbindungen kaputt, weil die Fütterung nicht passt oder das Tier unter Stress steht, kommt es zum „Leaky Gut Syndrom“. Die Barriere ist zerstört und das Tier wird krank. Es hat nicht nur Schmerzen, sondern der ganze Körper wird geschwächt. Die Entzündungen müssen bekämpft werden. Beim Eintritt der Erreger in das Blut wird das spezifische Immunsystem aktiviert, aber das kostet zusätzliche Energie. Eine Art negativer Strudel entsteht, aus dem das Kalb kaum mit eigener Kraft herauskommt. Durch die Schmerzen sinkt der Appetit, damit die Futteraufnahme und die dringend benötigte Energie für die Genesung wird nicht aufgenommen.
Alles auf Anfang
Damit es erst gar nicht soweit kommt, sollten dem Kalb beste Bedingungen geboten und so der Aufbau eines ordentlichen Mikrobioms gefördert werden. Neben einem guten Kolostrummanagement kann auch die Fütterung von Prä- und Probiotika unterstützend wirken. Die Stärkung des inneren Schutzschildes zahlt sich mit gesunden und widerstandsfähigen Kälbern aus.