Wenn die Tage sommerlich sind, ändert sich das Tierverhalten durch Hitzestress
Die Verdauung von faserreichen Futtermitteln ist Schwerstarbeit. Die Pansenmikroben kriegen das hin, aber es entsteht dabei immer eine ordentliche Portion Abwärme. Frischlaktierende Kühe mit hoher Leistung produzieren ca. 2.000 Watt pro Stunde, so viel wie ein Heizlüfter. Kühe haben also ihr Heizkraftwerk immer dabei. Im Winter passt alles. Im Sommer nicht, vor allem, wenn die Temperaturen über 25 °C steigen und die Luftfeuchtigkeit hoch ist. Der Höhepunkt der körpereigenen Wärmeproduktion liegt etwa 3 Stunden nach der Fütterung. Wer früh morgens oder abends füttert, reduziert den Hitzestress in der Mittagszeit.
Frühwarnsystem
Hitzestress erkennt man am Verhalten. Die Kühe suchen kühlere, schattige Plätze auf und „stehen rum“. Die Futteraufnahme geht zurück, denn je weniger Fasern verdaut werden müssen, desto weniger Wärme entsteht im Pansen. Die Tiere versuchen, das Grundfutter auszusortieren und nur noch Kraftfutter für die Energieversorgung aufzunehmen, ein fataler Prozess. Weniger Speichel lässt den Pansen-pH sinken. Die Anfälligkeit für Euterinfektionen steigt, die Klauengesundheit leidet. Der Gang zum Trog wird beschwerlich, ein Teufelskreis. Und natürlich gibt es weniger Milch inklusive der Milchinhaltsstoffe. Besonders betroffen ist der Fettgehalt. Denn der nimmt ab, sobald im Pansen weniger Fasern verdaut werden.
Eingebaute Klimaanlage
Da es auch in warmen Klimazonen Rinder gibt, hat die Kuh eine Klimaanlage „an Bord“, um eine Überhitzung mit Todesfolge zu vermeiden. Über eine erhöhte Atemfrequenz versucht das Tier, Wärme abzugeben. Man sieht, dass die Kuh hechelt und die Flanken pumpen. Anders als Hunde, können Kühe überall schwitzen. Dabei geht nicht nur Feuchtigkeit, sondern auch ein Teil der Mineralien sowie Energie verloren. „Viel trinken und eine Prise Salz“ empfiehlt man uns Menschen. Im Stall und auf der Weide heißt das: auf eine saubere und gute Wasserversorgung achten und das Mineralfutter ggf. erhöhen.
Umleitung unter die Haut
Wenn die Körpertemperatur der Kuh steigt, verändert sich die Hormonkonzentration im Blut. Statt in das Euter und die inneren Organe wird der Blutstrom vermehrt zur Haut geleitet, damit Wärme abgegeben werden kann. Verdauungsorgane und Milchdrüse müssen warten. Auch das ist ein Grund für den Rückgang der Milchmenge. Studien erlauben die Vermutung, dass Niacin (Vitamin B3) diese Umleitung des Blutstroms anregt.
Proteine schützen Proteine?
Diskutiert wird auch die Förderung der Produktion von sogenannten Hitzeschock-Proteinen (HSP) durch Niacin. HSP werden gebildet, nachdem eine Zelle hitzebedingt oder durch andere Faktoren in Stress gerät. Aufgabe der HSP ist es, die Struktur anderer Proteine zu erhalten. Normalerweise sind Proteine empfindlich und denaturieren schnell. Wie viele andere B-Vitamine wird Niacin von den Pansenmikroben hergestellt. Es wird aber auch mit dem Futter aufgenommen, zum Beispiel über Eiweiß- oder Grünfutter. Hefen sind ebenfalls reich an B-Vitaminen. Mais und Getreide enthalten dagegen nur sehr wenig Niacin.
Bei Fresslaune halten
Egal wie man es anstellt, Kühe müssen auch im Sommer gut fressen. Schon allein deshalb, weil sonst der Vorschub am Silo immer kleiner wird und die Gefahr der Nacherwärmung immer größer. Haben Hefen erst das Kommando in der Silage übernommen und Nährstoffe abgebaut, leidet die Energieversorgung der Kuh. Der Glukosegehalt im Blut sinkt und damit auch die Milchproduktion. Denn aus Glukose werden je Liter ziemlich konstant etwa 4,7 % Milchzucker (Laktose) erzeugt. Damit bestimmt die Verfügbarkeit von Glukose im Euter auch die Milchmenge.
Ration mit Hitzefrei gestalten
Neben verschiedenen technischen Lösungen im Stall (Ventilatoren, etc.) kann auch eine leckere und saftige Ration mit Hefe helfen, den Hitzestress zu reduzieren. Das wird in Zukunft immer wichtiger, denn die Sommer werden ja bekanntlich wärmer. Keep cool!