Ohne unsere Kälber läuft es nicht

Wissen schafft Überblick

Für eine erfolgreiche Milchproduktion gibt es eine ganze Reihe Prioritäten: eine gute Euter- und Klauengesundheit, Fruchtbarkeit, ein effizienter Stoffwechsel, die Optimierung der Fütterung, eine hohe Biosicherheit auf dem Betrieb – die Liste lässt sich betriebsindividuell ordnen und ergänzen. Was in diesem Blickwinkel oft fehlt oder erst am Ende aufgezählt wird, sind die Kälber. Über die Kühe liegen massenhaft Daten vor – der Digitalisierung sei Dank. Aber über die Kälber wissen nur die wenigsten so detailliert Bescheid. Die Kleinen so weit hintenan zu stellen, ist jedoch alles andere als vernünftig.

Besondere Bedeutung

Schon ein kurzfristiger Stimulus im Mutterleib kann einen weitreichenden Einfluss auf das ganze Leben des Tieres haben, genau wie die Behandlung und Versorgung in den ersten Wochen nach der Geburt. Das Ganze nennt sich „metabolische Programmierung“ und ist auch aus dem Humanbereich bekannt. So hat zum Beispiel die Ernährung der werdenden Mutter einen gewissen Einfluss auf die spätere Körperkondition des Kindes: sportlich veranlagt oder doch eher Couchpotato? Auf das Kalb bezogen werden hier schon die Weichen für die spätere Gesundheit und Leistung als Milchkuh gestellt.

Grundstein Fütterung

Die Fütterung des heutigen Kalbes beeinflusst die Futteraufnahme der Kuh von morgen und damit indirekt auch das spätere Kalb dieser besagten Kuh. Der Grund: ein restriktiv gefüttertes Kalb frisst als Kuh weniger – und das wiederum hat negative Auswirkungen auf die zukünftigen Kälber dieser Kuh. Auch nimmt die Fruchtbarkeit ab, denn insgesamt bildet diese Kuh weniger Follikel. Und natürlich ist da auch noch die Zellteilung der Euterzellen, die nunmal in den ersten Wochen stattfindet. Fehlt hierfür die Energie, gibt es später weniger Milch im Tank.

Praxis vs. Natur

Schaut man in die Natur und beobachtet Mutterkühe und ihre Kälber, so fallen einem direkt einige große Unterschiede zu der restriktiven Kälberaufzucht ins Auge:

NaturRestriktive Aufzucht
Saugdauer / Akt8 – 10 Min2 – 4 Min
Häufigkeit Trinken/ Tag6 – 12 mal2 mal
Tränkedauer / Tagca. 60 Min< 10 Min
Tränkemenge / Akt< 1 l2 l
Saugarbeitvielwenig
Tagesmenge Milch8 – 16 l4 – 6 l
Entwöhnung mit10 Monaten10 Wochen

Natürlich handelt es sich hier um zusammengefasste Durchschnittswerte, wobei gerade die Daten aus der Landwirtschaft betriebsindividuell sind. Aber vergleichen Sie doch mal Ihre Durchschnittswerte und betrachten diese ganz nüchtern – passen die Zahlen für Sie, oder gibt es vielleicht doch Nachbesserungsbedarf?

Selbstreflektion

… ist besonders wichtig, auch wenn sie nicht immer leicht fällt. Besonders im alltäglichen Arbeitsablauf haben sich vielleicht manche Dinge eingeschlichen, die Optimierungsbedarf haben. Neue Dinge etablieren sich nicht einfach über Nacht und die Macht der Gewohnheit ist auch nicht zu unterschätzen. Aber was wäre denn, wenn durch kleine Änderungen die Kälberverluste und die Tierarztkosten sinken und dann auch noch die Milchleistung gesteigert werden kann?

Logik ≠ Vermenschlichung

Ja, der Vergleich hinkt, aber im Prinzip hat die Kälberaufzucht viel mit dem Heranwachsen von Kindern gemein: Ein guter Immunstatus, ausreichend Nahrung, Platz, Luft und Licht sowie eine gute Betreuung sind der Schlüssel für eine gutes Aufwachsen. Diese Kette ist aber nur so gut, wie ihr schwächstes Glied – denn die Faktoren wirken gemeinsam. Wenn zum Beispiel ad libitum gefüttert wird, aber die Luft schlecht und belastet ist, dann wird das Kalb trotzdem erkranken.

Die Kleinen ganz groß

Es gibt immer viel zu tun und die Tage sind voll. Dennoch macht es durchaus Sinn, Routinen zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen. Eine ordentliche Dokumentation im Kälberstall kann zu einem besseren Überblick führen. Nicht nur für den eigenen Betrieb sind gesunde Kälber wichtig – auch die Außenwirkung ist bei „Tierbabys“ besonders emotional. Werden Missstände öffentlich, leidet der Ruf der gesamten Branche. Und wenn wir ehrlich sind: Die Arbeit mit den Kleinen bereitet Freude und wenn mit der eigenen Nachzucht gute Ergebnisse erzielt werden, dann erfüllt es mit Stolz. Voraussetzung dafür sind gesunde und muntere Tiere – und nur ein gesundes Kalb wird zu einer gesunden Kuh heranwachsen.

Hier findet Ihr alles, was Ihr für die Aufzucht eurer Kälber braucht!

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Laura Meyer-Kuhlmann

Laura hat ein Abschluss als B Sc. Agrarwissenschaften von der Uni Göttingen und ist seit über 2 Jahren Teil der jbs Familie. Momentan betreut sie den Bereich Qualitätsmanagement und ist spezialisiert auf die Kälberaufzucht und unser Pflanzenstärkungsmittel rootac.

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