Wie weniger Artenvielfalt zu mehr Effizienz führen kann
In der Natur ist Vielfalt ein wichtiges Überlebensprinzip. Es erzeugt Stabilität, denn bei einer hohen genetischen Bandbreite ist die Natur in der Lage, mit veränderten Bedingungen zurecht zu kommen. Auch in der Landwirtschaft geht es ums Überleben. Und das trotz schwieriger Bedingungen, die sich ständig verändern. Das gelingt allerdings nur, wenn die eingesetzten Produktionsmittel möglichst effizient genutzt werden, so dass am Ende ein positives wirtschaftliches Ergebnis herauskommt.
Innere Vielfalt
Nicht nur um uns herum, sondern auch in allen Lebewesen herrscht große Vielfalt. Pansen und Darm sind von einer unüberschaubaren Zahl verschiedener Mikroorganismen besiedelt. Speziell für den Pansen gibt es umfängliche Studien, vor allem seit die Technik der Genanalyse Einzug gehalten hat. Die Zusammensetzung der mikrobiellen „Community“
im Pansen ändert sich quasi fortlaufend: erstens im Laufe des Lebens (Kalb, Färse, Milchkuh), zweitens bei jeder Futterumstellung oder durch veränderte Futteraufnahme
(z. B. Hitze) und drittens bei Krankheiten und Medikamenteneinsatz.
Jedem Tierchen sein Mikrobiom
Forscher stellten zudem fest, dass selbst Kühe mit identischer Fütterung ihr ganz eigenes „Team“ von Mikroorganismen im Pansen beherbergen. Bei der Geburt ist der Magendarmtrakt quasi noch steril, doch schon in den ersten Stunden wird er mit Bakterien aus dem Umfeld des Kalbes besiedelt. Ein Stall ist eben kein OP-Saal, und selbst dort gibt es
Mikroben.
Dem Geheimnis auf der Spur
2016 wollten Forscher wissen, warum in einer Herde manche Kühe wesentlich mehr Energie aus dem Futter nutzen können, als andere. Auch vor dem Hintergrund der Diskussion um den Methanausstoß von Kühen war das eine interessante Frage. Schließlich bedeutet weniger Futter je kg Milch auch einen reduzierten Methanausstoß. Einen genetischen Einfluss auf die Futtereffizienz hatten schon andere Forscher untersucht, doch der ist sehr gering. Also machten sich Kruger, Shabat und ihr Team im Pansen auf die Suche nach einer Erklärung.
Energiefresser und Energieerzeuger
Methan bildende Spezies gehören zu den ineffizientesten Bakterien. Diese waren dann auch in signifikant höheren Zahlen in den Pansen von ineffizienten Kühen zu finden. In den wirtschaftlichsten Kühen dagegen fand man 2 starke Bakteriengruppen, die vor allem Laktat (Salz der Milchsäure) zu Propionat umbauen. Das hat den charmanten Nebeneffekt, dass der Pansen-pH stabilisiert wird und die Kühe besser fressen. Aus Studien mit Lebendhefen in der Fütterung ist bekannt, dass Hefen genau diesen Stoffwechselprozess positiv beeinflussen.
Artenvielfalt unerwünscht?!
Auffällig war, dass bei den effizienten Kühen die Artenvielfalt deutlich kleiner ausfiel. Nicht alle Mikroben kommen gut miteinander aus. Beim Überlebenskampf der Spezies untereinander kommt es anscheinend zu einem erhöhten Abbau der Ressourcen – was wiederum für eine verringerte Umwandlung von Laktat in den Energieträger Propionat sorgt.
Unsere „Milchmädels“ profitieren also von einer homogeneren Mikrobengemeinschaft im Pansen. Mit dem Einsatz von Lebendhefen vereinheitlichen die Kühe einer Herde diese Mikroben-Gemeinschaften. Dadurch wird weniger Methan produziert und gleichzeitig mehr Energie aus dem Futter genutzt.
Ein Kombi-Effekt, der sich lohnt.