Wickelfolie – Die Qual der Wahl

Alle Jahre wieder

Jedes Jahr hält Überraschungen bereit. In den Medien wird ein „Jahrhundertwinter“ oder „Hitzesommer“ prophezeit. Die Realität sieht dann aber oft doch anders aus. In der Landwirtschaft ist man die Anpassung an das Wetter ja gewohnt. Ist der Frühsommer warm und trocken, wird eher Heu gemacht. Ist es kühl und nass, wird eingewickelt. Dafür braucht es bekanntermaßen eine ordentliche Wickelfolie – und dabei hat man die Qual der Wahl.
Es gibt viele verschiedene Folien – aber wo liegen die Unterschiede?

Herstellung

Um eine Wickelfolie herzustellen gibt es zwei verschiedene Verfahren: die Blas- und die Cast-Extrusion.

Bei dem Blasverfahren wird eine große Blase erzeugt. Die so hergestellten Wickelfolien haben je nach verwendeten Rohstoffen sowohl längs als auch quer hervorragende Reißfestigkeits- und Dehnfähigkeitseigenschaften.

Beim Cast-Verfahren wird dagegen das flüssige Granulat auf mit Wasser gekühlten, laufenden Walzen verteilt. Dieses Verfahren ist deutlich schneller als das Blasverfahren, hat aber den Nachteil, dass die Reißfestigkeit in Querrichtung deutlich geringer. Das kann dann zu Problemen beim Ballenhandling und der Lagerung führen. Grob geschätzt sind auf dem Markt etwa 90 % Blasfolien und 10 % Cast-Folien zu finden.

Die Qualität der Folien hängt neben Anlagen-bedingten Eigenschaften entscheidend von der Qualität der verwendeten Rohstoffe ab. Das kann man nicht sehen, aber vom Dart-Drop-Wert (Messverfahren z. B. ASTM D 1709 A) ableiten. Der Dart-Drop liegt bei den angebotenen Wickelfolien ungefähr zwischen 9 g und 20 g je µ. Dieser auch Durchstoßwert genannte Wert ist der wohl wichtigste Wert für eine Qualitätsbeurteilung von Wickelfolien. Er wird deshalb insbesondere bei sehr günstigen Folien nicht beworben.

Preis

Sehr vereinfacht gesagt: Der Preis setzt sich im Wesentlichen aus dem Herstellungsverfahren, Rohstoffqualität und Nettogewicht der Rolle zusammen. Daraus kann schnell ein Preisunterschied von 20 € je Rolle entstehen. Also, Vorsicht bei sehr billigen Folien!

Klebkraft durch Klebstoff

Die meisten Wickelfolien sind mit einem Kleber (PIB) ausgestattet. Dieser sorgt für einen festen Verbund der einzelnen Lagen beim Wickeln. Der Klebstoff ist in einer innenliegenden Folienschicht enthalten und wird nach dem Herstellungsprozess in einer Wärmekammer aktiviert.

Nachteile: Sehr hohe Abrollgeräusche beim Wickelvorgang, bei hohen Temperaturen können Rollen teleskopieren (wie auf der Abbildung zu sehen, schiebt sich der Kern dabei aus der Rolle), Vorstreckeinheiten werden durch Klebstoffreste verschmutzt und bei zu starker Dehnung (z. B. bei hohen Temperaturen) wird die Haftung schlechter.

Geht das auch ohne Klebstoff?

Aber sicher und sogar besser! Das Zauberwort heißt hier „Adhäsion“ – also die Haftkräfte, die aufeinander wirken. Durch das Vorstrecken verändert sich die Oberflächenstruktur der Wickelfolie, so dass sich die Folienlagen dauerhaft miteinander verbinden, wenn sie aufeinandertreffen. Bildlich gesehen kann man sich das ähnlich wie bei einem Klettverschluss vorstellen. Und da kein Klebstoff vorhanden ist, geht das Abrollen sehr leise von statten. Verschmutzung der Vorstrecker gibt es nicht und die Haftung wird bei Überstreckung sogar besser.

Nicht vergessen: Lagerung!

Ein ganz wichtiges, aber oft nicht so richtig ernst genommenes Thema. Es gibt tatsächlich Empfehlungen dafür, die meist auf den Kartons vermerkt sind. Und ja, es macht durchaus Sinn, sich damit zu befassen. Nichts ist ärgerlicher, als kurz vor dem Wickeln festzustellen, dass die Rollen nicht mehr zu gebrauchen sind. Teuer ist es obendrein. Ein häufig auftretendes Phänomen ist die Teleskopierung bei PIB-haltigen Folien. Dabei rutschen die Schichten quasi von der Rolle und es sieht dann aus, wie bei einem Teleskop. Der Grund: Bei zu hohen Temperaturen dehnt sich das Material aus und der „flüssige“ Klebstoff wirkt wie ein Schmierfilm so dass der Kern nach außen gedrückt wird.

Teleskopierte Rolle – ein Lagerfehler

Bei klebstofffreien Folien führen hohe Temperaturen zu einem gestiegenen Innendruck und nachfolgend zu einer „Verblockung“ der Folie. Sie lässt sich schwerer bis gar nicht mehr abrollen. Das nervt zwar, aber wenn die Folie nicht zu heiß geworden ist, entspannt sich das Problem wieder, wenn die Folie abkühlt.

Merke:
Wickelfolie darf nicht überhitzen!
Bei hohen Temperaturen immer im Schatten lagern. Nicht auf der Maschine!

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Laura Meyer-Kuhlmann

Laura hat ein Abschluss als B Sc. Agrarwissenschaften von der Uni Göttingen und ist seit über 2 Jahren Teil der jbs Familie. Momentan betreut sie den Bereich Qualitätsmanagement und ist spezialisiert auf die Kälberaufzucht und unser Pflanzenstärkungsmittel rootac.

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