Hefen – David gegen Goliath

Essigsäure alleine reicht nicht – Hefen wissen sich zu wehren

Seit Jahren werden Siliermittel eingesetzt, die Essigsäure produzierende Bakterien enthalten. Sie sollen Hefen und Schimmelpilze unterdrücken, denn dadurch gewinnt die Silage an Stabilität und es gehen weniger Nährstoffe verloren. Das Risiko einer Nacherwärmung sinkt, denn die wird vor allem durch die Aktivität von Hefen ausgelöst. Wir müssen allerdings feststellen, dass es nicht gelungen ist, die Hefepopulation generell zu reduzieren. Sie sind immer noch da und je nach Klima aktiver denn je.

Der pH-Wert muss runter

Essigsäure an sich ist eine schwache, kurzkettige Säure, die alleine den pH-Wert nicht senken kann. Wertvoll werden die Essigsäuremoleküle erst, wenn sie in einem Milieu mit pH < 4,7 unterwegs sind. Dann nämlich liegt die Essigsäure „undissoziiert“ vor. Das heißt, sie behält ihr Wasserstoffion. Mit dem kann sie nach dem Eintritt in eine Hefezelle tatsächlich den Zelltod auslösen. Für eine gut vergorene Silage streben wir natürlich (je nach Trockensubstanz) pH-Werte deutlich unter 4,5 an.

David gegen Goliath

Hefen sind Kämpfer und Überlebenskünstler, sie wollen sich auf keinen Fall von den Wasserstoffionen der Essigsäure umbringen lassen. Auch bei den kleinsten Mikroben geht es darum, am Leben zu bleiben und sich zu vermehren. Hefen sind also in der Lage, die gefährlichen Wasserstoffionen aus der Zelle zu schleusen. Das ist allerdings ein Kraftakt, für den sie viel Energie brauchen. Und die gewinnen sie aus der Veratmung von Zucker.

Je schneller dicht, desto weniger Hefen

Bei dem Wort „Atmen“ kann man es schon ahnen, es ist Luft im Spiel. Unter sogenannten „aeroben“ Bedingungen, wenn Luft verfügbar ist, verbrennen die Hefen Zucker. Schafft man „anaerobe“ (sauerstofffreie) Bedingungen, holen sie sich ihre Energie auf anderem Wege. Aber das reicht dann nicht, um den Wasserstoff loszuwerden, der sie bedroht. Fazit: möglichst schnell dichtmachen, damit 1. die Luftzufuhr minimiert wird und 2. der pH-Wert schnell sinken kann. Dann sind die meisten Hefen Geschichte.

Barriere Silagefilm OXY MAX von jbs

Genau hingeschaut

An der schwedischen Universität in Uppsala wurde 2015 ein Experiment mit Laborsilos durchgeführt, die entweder hermetisch luftdicht verschlossen waren, oder durch zwei mit Gummistopfen verschlossene Löcher in Deckel und Wand jede Woche 2 Stunden belüftet wurden. Beide Varianten sind nicht identisch mit praktischen Bedingungen, aber die Grasproben kamen von 7 verschiedenen schwedischen Farmen. Durch die extreme Behandlung entweder ganz ohne Luft oder mit wöchentlicher Luftzufuhr konnte der Effekt auf die Silage gut dargestellt werden.

Belüftung kostet Trockenmasse

Das frische Gras hatte sehr unterschiedliche Trockenmassegehalte (18,8 % – 52,8 %), der Besatz mit Hefen war jedoch überall 6-stellig (125.000 bis 630.000). Nach 100 Tagen wurden die Behälter gewogen und die Silage analysiert. Während die Nährstoffgehalte auf sehr ähnlichem Niveau lagen, gab es Unterschiede beim Gewicht. Die belüfteten Silos hatten gegenüber den luftdicht verschlossenen einen um 29 % erhöhten Verlust an Trockenmasse (Ø 3,0 kg statt 2,4)!

Luftstress macht Unterschiede deutlich

Beim Stresstest (10 Tage Luft) wurde gemessen, nach wie vielen Stunden sich die Temperatur durch die Aktivität von Hefen um 2 °C über die Umgebungstemperatur erwärmt. In den luftdichten Behältern war die Keimzahl der Hefen 6 x unter 50 und 1 x 5000 KBE. Die Silage aus den belüfteten Behältern hatte Keimzahlen zwischen 400.000 und 800.000, nur bei einer Variante war sie auf 1500 gesunken. Doch selbst diese 1500 Keime führten zu einer deutlich geringeren Stabilität (98 Stunden statt 205). Im Durchschnitt war die Silage aus den luftdichten Behältern 4 x so lange stabil, wie die belüftete.

Luft muss draußen bleiben

Dieser kleine Laborversuch macht deutlich, wie wichtig es ist, das Eindringen von Luft in den Silo schon über die Dauer der Lagerung zu verhindern. Das gilt auch für kleine Mengen Luft, die über einen langen Zeitraum einfließen. Praxissilos werden mit Folien abgedeckt, die jede Sekunde mehr oder weniger Luft durchlassen. Je gasdichter eine Folie ist, desto eher ist der Kampf gegen die Hefen zu gewinnen. Darum sind höchst gasdichte Barrierefolien ein Segen für die kritischen oberen 30 bis 50 cm der Silage. Denken Sie jetzt darüber nach. Der nächste Silo kommt bestimmt.

1. Schnitt Ackergras, mit Barrierefolie abgedeckt und SiloSolve® FC behandelt, nach 10 Tagen geöffnet.
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Anne Cordes

Anne hat ein abgeschlossenen Studium zur Agr.-Ing. (FH) von der FH Kiel und 14 Jahre Praxiserfahrung auf einem Milchviehbetrieb. Sie ist seit über 18 Jahren Teil der jbs Familie. Momentan betreut sie den Bereich Qualitätsmanagement und ist spezialisiert auf Milchvieh und Silagemangement.

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