Der erste Schnitt muss sitzen

Voraussichtliche Lesedauer: 4 Minuten

Der erste Schnitt muss sitzen …

… denn in der Regel bringt er mehr Energie, Eiweiß und verdauliche Fasern in die Ration, als alle weiteren Schnitte. Grundfutter nimmt nicht nur einen großen Anteil in der Ration ein, sondern durch hochwertige Silagen entsteht ein entscheidendes Gewinn-Potential. Aber wo liegen die Stellschrauben zur Verbesserung der Gärqualität?

Auf günstige klimatische Bedingungen für die Entwicklung des Grases können wir nur hoffen. Der an den Nährstoffbedarf der Pflanze angepasste Einsatz von Düngemitteln ist dagegen eine herausfordernde Aufgabe für jeden Betrieb. Denn damit wird der erste Schritt auf dem Weg zu einer hervorragenden Silage eingeleitet. Für die meisten Grünlandwirte stehen genug organische Dünger zur Verfügung. Je nach Art der Düngung und Eigenschaften der Böden sollte sich an die Düngeempfehlungen gehalten werden, um eine schnelle Fermentation zu erreichen. Aber warum ist das überhaupt wichtig für die Gärqualität?

Ein besonderes Augenmerk gilt den Elementen Kalium und Stickstoff, da die beiden positiv geladenen Kationen genau wie Eiweiß zur Pufferung der von den Mikroorganismen gebildeten Milchsäure führen. Die Folge bei Überdüngung: der pH-Wert sinkt zu langsam und meistens nicht tief genug für eine gute Konservierung, die Schadorganismen ausschaltet. Beim Stickstoff hat sowohl die Unter- als auch die Überversorgung einen großen Einfluss. Die Umsetzung von Ammoniumstickstoff aus Düngemitteln zu Nitrat passiert im Boden. Die Pflanze nimmt Stickstoff hauptsächlich in Form von Nitrat auf. Während der Silierung wird Nitrat umgewandelt zu Clostridien hemmendem Nitrit.

Zu wenig

Eine Unterversorgung mit Stickstoff führt zu einem niedrigen Nitratgehalt, so dass der für die Buttersäurehemmung benötigte Gehalt von > 0,5 g/kg TM nicht erzielt wird.

Dies ist besonders bei Extensivgrünland und Trockenheit nach der Düngung der Fall. Für die Aufnahme des Nitrats in die Pflanze fehlt dann nämlich das Wasser.

Zu viel

Eine Überversorgung (> 10 g Nitrat pro kg TM) sorgt dagegen für eine erhöhte Pufferkapazität und damit für eine langsame Silierung. Das wiederum kommt ebenfalls den Buttersäure bildenden Clostridien gelegen. Sie schnappen sich den Zucker und wandeln ihn unter hohen Energieverlusten in unerwünschte Buttersäure um, bis der pH-Wert unter 4,5 sinkt.

Wenn das Wetter nicht wär‘

Kühles, bewölktes Wetter, sowie eine kurze Zeitspanne zwischen Düngerausbringung und Ernte führen zu hohen Nitratwerten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Nitrataufnahme durch die Pflanzen höher ist als die Umwandlung in pflanzliche Proteine.

Besonders kritisch wird es, wenn in einem trockenen, warmen Frühjahr einige Tage vor der Ernte heftiger Regen folgt. Die Bodenfeuchtigkeit führt zu einer schnellen Aufnahme und Anreicherung von Nitrat in der Pflanze. Das Ergebnis kann eine Silage mit einem pH-Wert über 4,5 sein. Für einen ersten Schnitt < 45 % TM ist das völlig inakzeptabel und gefährlich für die Tiergesundheit.

„Was tun?“ sprach Zeus

Risiko zu viel Nitrat: abwarten und Tee trinken. In der ersten Woche nach dem Anstieg der Bodenfeuchtigkeit sind die Nitratwerte noch hoch. Aber die wachsende Pflanze baut das Nitrat schnell ab, so dass nach etwa einer Woche das Risiko einer Fehlgärung deutlich gesunken ist.

Risiko zu wenig Nitrat: Düngung intensivieren und wo das nicht geht Fermentation forcieren durch Zugabe von pH-Wert-senkenden Siliermitteln. Die helfen auch im ersten Fall, die Fermentation abzusichern.

Das wissen doch alle, oder nicht?

Die Ergebnisse der LUFA Nord-West 2022 für den 1. und 3. Schnitt sprechen eine andere Sprache. Der Durchschnittswert des Buttersäuregehaltes lag nämlich bei 0,41 % der Trockenmasse und damit über dem Zielwert von unter 0,3 %. Da es ein Durchschnittswert ist, kann man davon ausgehen, dass einige Silagen sehr deutlich über das Ziel hinausgeschossen sind.

Selbst bei aller Bemühung um gutes Silagemanagement: Klimatische Faktoren, die natürliche mikrobiologische Besiedelung der Pflanzen und der Gehalt an Puffersubstanzen beeinflussen direkt die Intensität und Geschwindigkeit der Silierung.

Der Einsatz von homofermentativen Silierbakterien ist die sicherste Option. Sie sorgen für eine rasche Ansiedlung von milchsäurebildenden Bakterien (sichere und schnelle pH-Senkung) und vernichten damit nicht nur Clostridien. Sie erhalten jede Menge wertvolle Nährstoffe. So wird das beste Ergebnis aus dem verfügbaren Siliergut erzielt: optimale Silierung, Grundfutterleistung und Tiergesundheit.

Avatar-Foto
Anne Cordes

Anne hat ein abgeschlossenen Studium zur Agr.-Ing. (FH) von der FH Kiel und 14 Jahre Praxiserfahrung auf einem Milchviehbetrieb. Sie ist seit über 18 Jahren Teil der jbs Familie. Momentan betreut sie den Bereich Qualitätsmanagement und ist spezialisiert auf Milchvieh und Silagemangement.

Artikel: 52