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Wie kommt Essigsäure in den Silo?
Als Nebenprodukt verschiedener Gruppen von Mikroorganismen kann Essigsäure durch heterofermentative Bakterien, Acetobacter, Enterobakterien und Clostridien in Silagen produziert werden. Das sind Mikroorganismen der natürlichen Mikroflora von Pflanzen, die in ihrer Entwicklung und Beständigkeit von klimatischen Bedingungen und Anbaumethode abhängig sind. Das 1,2-Propandiol (PD), bekannt als Propylenglykol, wird wiederum in größeren Mengen von den heterofermentativen Lentilactobacillen wie Lentilactobacillus buchneri produziert. Nicht wundern, kürzlich wurden die Heterofermenter der Gattung
Lactobacillus in Lentilactobacillus umbe-nannt, was sich auf ihr langsames „Lenti“ Wachstum bezieht.
L. buchneri erwünscht
Alle Lentilactobacillus buchneri, die Essigsäure produzieren, sind in der Silage durchaus erwünscht. Eine schnelle pH-Absenkung durch homofermentative Bakterien, die Milchsäure produzieren, macht die Essigsäure jedoch erst wirksam. Essigsäure ist bekannt dafür, Populationen von schädlichen Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen im Silo zu unterdrücken, sowie eine Nacherwärmung in der Entnahmephase zu verhindern (ES-Gehalt > 1,5 % i. d. TM). Ohne Anwesenheit von Sauerstoff ist L. buchneri auch in der Lage, Milchsäure in Essigsäure und 1,2-Propandiol zu verwandeln.
hoher Essigsäuregehalt = Fehlgärung?
Bei der DLG-Bewertung der Gärqualität ist das so. Im DLG-Schlüssel von 2/2006 gibt es bei Gehalten über 3 % i. d. TM Punktabzug, was bei der heutigen breiten Anwendung von heterofermentativen Siliermitteln nicht mehr richtig ist. Bei Gras mit hohem Zuckergehalt und viel Feuchtigkeit sind beispielsweise Essigsäurewerte von über 4 % i. d. TM in behandelten Silagen durchaus üblich. Die Silagen haben dennoch eine hohe Nährstoff- und Hygienequalität, werden gut gefressen und erhöhen nicht selten den Milchfettgehalt. Die alleinige Betrachtung der Essigsäure reicht zur Beurteilung der Fermentation nicht aus.
Hier stinkt‘s!
Hohe Gehalte an NH3-N und Ethanol, zusammen mit einem „fetten“ Buttersäuregehalt
(> 1 % i. d. TM) aus der Aktivität von Clostridien zeigen an: das ist eine Fehlgärung, bei der die Essigsäure von unerwünschten Bakterien stammt, nicht aus Silierzusätzen. In der Regel haben solche Silagen einen schlechten bis unerträglichen Geruch und sollten auf keinen Fall verfüttert werden.
Buchneris bilden 1,2-PD
Die Bildung von Gehalten über 1 % bei gleichzeitig ordentlichen Mengen Essigsäure (> 1 %) ist ein eindeutiger Indikator für die Arbeit von spezialisierten Buchneri-Stämmen aus Siliermitteln. Da dies ein langsamer Prozess ist, sind diese Werte in der Regel erst nach einer Gärdauer von 60 Tagen auf den Analysen zu finden.
Die Entstehung eines hohen Gehalts an 1,2-PD im Endprodukt ist aber keinesfalls zuverlässig, sondern sehr variabel. Studien zeigen Gehalte zwischen 0,25 – 1,25 % i. d. TM bis zu Konzentrationen über 3 %.
Propylenglykol aus Silage?
Zugegeben, das 1,2-PD in der Silage kann die Kuh energetisch nutzen. Eine sichere Wirkung auf die Vermeidung von Ketose ist jedoch nicht zu erwarten. Ein Beispiel: Eine Kuh, die 25 kg TM pro Tag frisst, wovon 50 % auf Silage mit 1 % 1,2-PD entfallen, würde 125 g 1,2-PD pro Tag aufnehmen. Dies ist weniger als die empfohlene Dosierung von 250 bis 400 g. Hinzu kommt, dass ein Tier mit Ketose weniger frisst, so dass seine Aufnahme von 1,2-PD sogar noch niedriger ist.
Propylenglykol gezielt dosieren
Generell ist diese Zusatzenergie aus 1,2-PD eigentlich nur in den ersten 90 Tagen der Laktation sinnvoll (Zeitraum des größten Energiebedarfs). Am Ende der Laktation führt die Gabe von Propylenglykol zu einer übermäßigen Anhäufung von Fettmasse beim Tier, was die Kalbung und den Start in die neue Laktation erschwert. 1,2-PD gehört außerdem zu den mehrwertigen Alkanolen, einer Untergruppe der Alkohole. Damit ist es flüchtig an der Luft. Die Gehalte aus der Silageanalyse kommen also immer nur teilweise in der Kuh an.
Fazit Propylenglykol
1,2-PD hat keine konservierenden Eigenschaften. Es ist lediglich ein Nebenprodukt der Silier-Bakterien, die den verfügbaren Zucker während ihres Gärprozesses in Säuren umwandeln und dabei immer Energie verbrauchen.
Von beiden Seiten angreifen
Die Kombination spezialisierter Stämme von homo- und heterofermentativen Bakterien ist ideal für die Fermentation von Silage. Die homofermentativen Bakterien wandeln den Zucker effizient in Milchsäure um. Das senkt den pH-Wert, so dass es nur sehr geringe Trockenmasseverluste gibt und Nährstoffe und Energie weitestgehend erhalten bleiben. Etwas zeitversetzt folgen die heterofermentativen Bakterien, die Essigsäure produzieren. Eine Säure, die das Wachstum der Verderb auslösenden Mikroorganismen hemmt und eine hohe mikrobiologische Stabilität bei der Entnahme der Silage gewährleistet. So kann man mit einem Produkt sowohl die Fermentation absichern und beschleunigen, als auch die Futterhygiene von der Entnahme am Silo bis in den Trog verbessern.