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So langsam steigt die Vorfreude auf den Sommer und all seine schönen Seiten. Vor allem nach einer ungemütlichen und nasskalten Wetterperiode tut Sonnenschein richtig gut. Aber die pralle Sonne kann im Sommer so einige Probleme mit sich bringen – vor allem, wenn die Temperaturen ganz plötzlich stark ansteigen. Das ist nicht nur für uns Menschen belastend, sondern kann auch bei unseren Kälbern nachhaltige Schäden hinterlassen.
Vor dem Start ins Leben
Hitzestress der Mutterkuh hat schon auf Embryo und Fötus einen schlechten Einfluss. Die weitere Entwicklung wird dann über ein geringes Geburtsgewicht beeinträchtigt. Nicht nur der Immunglobulingehalt im Kolostrum fällt geringer aus, auch das Kalb ist in seiner IgG-Absorption geschwächt und nimmt weniger dieser wichtigen kleinen Helferlein auf. Die Folge: eine geschwächte Immunabwehr und das schon ab Tag 1. Zusätzlich kann es zu Veränderungen von Gewebestrukturen kommen, die möglicherweise im weiteren Verlauf des Lebens zu Schwierigkeiten führen.
Die ersten Wochen
Auch wenn die Auswirkungen von Hitze auf Kälber nicht direkt messbar sind – nur bei laktierenden Kühen wird es direkt an der Milchleistung wahrgenommen – zu hohe Temperaturen und eine hohe Luftfeuchtigkeit über einen längeren Zeitraum können den Kleinen schaden. Ab der 3. Lebenswoche bedeuten bereits Temperaturen über 21 °C Stress – vor allem bei einer hohen Luftfeuchtigkeit. Die gesamte Energie wird zur Regulierung der Körpertemperatur verwendet, anstatt für ein gesundes Wachstum. In der Regel sinkt zudem die Festfutteraufnahme, um die Abwärme der Stoffwechselvorgänge möglichst gering zu halten. Auch das Immunsystem wird heruntergefahren und die Krankheitsanfälligkeit steigt (weiter). Im schlimmsten Fall kann diese Kombination sogar zum Abgang des Tieres führen.
Verzögerte Entwicklung
Durch diese Verschiebung des Energieverbrauchs verzögert sich das Wachstum. Es kann in der Entwicklung zu Defiziten kommen – und diese können später nicht mehr ausgeglichen werden. Ein Beispiel: Die Sache mit dem Zellwachstum durch Zellteilung findet nach wie vor nur in den ersten 50 Lebenstagen statt. Fehlende Energie in genau dieser Phase bedeutet im Endeffekt weniger Euterzellen und damit später eine verminderte Leistung. Wird das Kalb dazu auch noch krank, wird der ganze Organismus geschwächt und eine Abwärtsspirale beginnt.
Abhilfe schaffen
Am Wetter können wir nichts ändern, aber es gibt einige Möglichkeiten, die Situation zu entschärfen und die Kälber zu unterstützen. Eine direkte Sonneneinstrahlung heizt die Iglus auf. Daher sollten diese, wenn möglich, im Schatten aufgestellt werden. Außerdem kann ein kontinuierlicher Luftaustausch durch Luftöffnungen für Linderung sorgen. Handelsübliche Iglus können etwa hinten erhöht aufgestellt werden, so dass ein Luftspalt entsteht. Weitere Stressfaktoren wie Impfung oder Enthornen sollten an heißen Tagen möglichst vermieden werden.
Lästige kleine Biester
Mit den hohen Temperaturen kommen auch die Fliegen – und das in Scharen. Diese nerven nicht nur ungemein, sie können auch Krankheiten übertragen. Und das wiederum kann vor allem bei den eh schon geschwächten Kälbern böse Folgen haben. Der oben genannte Luftstrom wirkt ihnen entgegen. Auch ein Wechsel der Einstreu schafft Abhilfe. Anstatt Stroh kann Sand verwendet werden. Dieser ist für Fliegen weniger attraktiv und bietet trotzdem eine weiche Liegefläche. Außerdem leitet Sand die Körperwärme besser ab, als Stroh. Tränkeeimer und die Schüsseln mit Müsli müssen mindestens einmal am Tag gereinigt werden. Futtermittelreste werden auch von Fliegen gerne gemocht und die Gefahr einer Krankheitsübertragung ist in diesem Bereich noch einmal erhöht.
(K)Ein Zaubertrank
Stichwort Wasser. Ja, auch schon für die Kleinsten. Durch starkes Schwitzen und das intensivierte Atmen geht eine Menge davon verloren und das muss dringend wieder aufgefüllt werden. Dafür reicht die Milchtränke an besonders heißen Tagen nicht aus – vor allem bei restriktiver Fütterung. Wichtig ist regelmäßig frisches Wasser und eine saubere Schale, denn auch im Wasser fühlen sich Keime und Bakterien wohl – vor allem, wenn es warm ist. Wer Milchaustauscher tränkt, kann außerdem die Konzentration etwas erhöhen. Damit kommt mehr Energie in das Kalb und es kann sich eher gegen all diese Faktoren behaupten. Der Energieausgleich über das Kraftfutter ist nicht zu empfehlen, da dies schnell zu einer Pansenübersäuerung führen kann.
Herausforderungen
Das Wetter verschiebt sich, das merken wir in vielen Bereichen. Uns bleibt nur die Anpassung daran. Wetterextreme – egal in welcher Jahreszeit – stellen uns vor besondere Herausforderungen. Eine gute Vorbereitung auf alle Eventualitäten hilft aber, dem Ganzen gelassener entgegen zu sehen und am Ende des Tages Mehrarbeit zu vermeiden. Oberste Priorität ist es, den Keimdruck möglichst gering zu halten, da das Immunsystem bei Hitze als erstes leidet und das eh schon anfällige Kalb noch mehr gefährdet wird.