Emotional
Wenn Kinder im Spiel sind, dann wird es oft emotional. Dabei ist es völlig egal, ob es um Menschenkinder oder um Tierkinder geht – sie sind klein und niedlich und müssen beschützt
werden. Einer der Kritikpunkte an der Milchindustrie ist die frühe Trennung zwischen Kuh und Kalb – auf die an dieser Stelle allerdings nicht weiter eingegangen wird. Ein ausführlicher Text dazu ist in unserem jbs-Blog zu finden. Die Kälberversorgung steht im Mittelpunkt und auch die ist, wie so vieles, betriebsindividuell. Das Ziel ist jedoch immer gleich: gesunde, frohwüchsige Kälber.
Geschichtliches
Milchwirtschaft gibt es bereits seit 7.000 Jahren. Damit ist sie definitiv keine Erfindung der Neuzeit. Die Trennung von Kalb und Kuh passiert dagegen erst seit einigen Jahrzehnten. In
Zeiten des Hungers blieb so mehr wertvolle und teilweise überlebenswichtige Milch für den Menschen – und die Kälber wuchsen augenscheinlich trotz knapper Fütterung zu kräftigen
Kühen heran. Heute ist das Wissen um die Thematik viel größer, aber damals war das
eigene Überleben im Fokus und „Tierwohldiskussionen“ in dem Sinne gab es nicht.
Nichts Neues
Die Milchpulverherstellung wurde bereits 1872 patentiert mit dem Ziel, eine vollwertige Säuglingsnahrung zu schaffen. Heutzutage steckt viel mehr dahinter, denn aus der ursprünglichen Milch werden unzählige Produkte gewonnen. Zu Beginn der Verarbeitung kommt es darauf an, ob Käse oder Butter hergestellt wird – dabei bleibt entweder Molke (bei Käse) oder Magermilch (bei Butter) übrig. Diese werden dann weiter in ihre Inhaltsstoffe zerlegt und verwendet. Der unverwertbare Rest am Ende ist das, was dann wiederum in vielen Milchaustauschern zu finden ist und über diesen Weg ins Kalb kommt. Das mag nachhaltig sein – aber definitiv nicht gut für das Kalb.
Wirtschaftlichkeit
Vollmilch ist die natürliche Nahrung der Kälber, das steht außer Frage. Allerdings enthält sie oft zu wenig Nährstoffe um eine optimale Versorgung für das Kalb sicher zu stellen. „Optimal“
bedeutet hier, dass das volle genetische Potential ausgeschöpft werden kann – am Ende also eine höhere Lebensleistung und damit Wirtschaftlichkeit erreicht wird. Daneben sind optimal
versorgte Tiere meist gesünder und leben länger. Eine Vollmilchtränke bedeutet dagegen
nicht, dass es den Kälbern schlecht geht – aber ob sie an das eben beschriebene „optimal“ herankommt, ist fraglich.
Qualitätsproblem
Milchaustauscher ist nicht gleich Milchaustauscher und die Qualität lässt sich leider nicht
am Label bestimmen. Hohe pflanzliche Anteile sowie der Rohaschegehalt lassen grobe
Rückschlüsse zu, aber nicht mehr. Die Industrie kann die für das Kalb wichtigen Bestandteile
wie Wachstumsfaktoren oder Lactoferrin aus Magermilch und Molke herausziehen
und dennoch bleibt die Bezeichnung dieselbe. Auch die Temperaturbehandlung ist nicht
sichtbar, beeinflusst aber maßgeblich die Eiweißqualität. Bei hohen Temperaturen nimmt
diese stark ab und damit wird auch die Verdaulichkeit für das Kalb am Ende schlechter.
Klumpen
Im Kälbermagen gerinnt die Milch in Verbindung mit dem natürlich vorkommenden Lab,
bevor sie verdaut wird. Wurden die Bestandteile des Milchaustauschers während der Herstellung hohen Temperaturen ausgesetzt, verlieren die enthaltenen Eiweiße diese Eigenschaft und die Verdaulichkeit sinkt stark. In dieser Systematik liegt auch der Ursprung des Glaubens, dass ein Milchaustauscher einen hohen Magermilchanteil haben muss: bei einer schlechten Verdaulichkeit kein Wunder – denn sonst gibt es Verdauungsprobleme. Nebenbei haben solche Temperaturen natürlich auch negative Auswirkungen auf andere wichtige Nährstoffe.
Molke?
Oft liegt das Augenmerk auf dem Magermilchanteil – und dabei ist die Molke mindestens
genauso wichtig. Vor allem die Immunglobuline sind wertvolle Bestandteile, die einiges
über das Produkt aussagen (die Immunglobuline gibt es nur in der Molke, nicht im Magermilchpulver). Zum einen sind sie natürlich hochwertige Eiweiße, die dem Kalb zu Gute
kommen, zum anderen zeigen sie die schonende Behandlung der Rohwaren an – sie sind
sehr empfindlich. Außerdem lassen sie Rückschlüsse auf andere wichtige Inhaltsstoffe wie
z. B. Vitamine, Mineralstoffe und Laktose zu.
Diskussion
Ob nun Vollmilch oder Milchaustauscher – die Kälber wachsen mit beidem. Gibt es Fehler
in den Abläufen, leiden die Kälber – egal bei welchem System. Das sollte möglichst vermieden
werden, denn sie sind die Kühe von morgen. Wer Rentabilität groß schreibt, der hat hier eine wichtige Stellschraube – vorausgesetzt, er achtet auf eine hohe Qualität. Kälber sind keine Resteverwerter!